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Was passiert bei der Diagnostik

Wie läuft eine Autismus-Diagnose ab?

Ein verständlicher Überblick für Interessierte und Betroffene

Wenn bei Ihnen selbst oder bei einer nahestehenden Person der Verdacht auf Autismus besteht, taucht häufig die Frage auf: Wie wird Autismus eigentlich festgestellt?
Dieser Artikel gibt Ihnen einen leicht verständlichen Einblick in den Ablauf der Diagnostik – ganz ohne medizinisches Vorwissen.


Was bedeutet eine Autismus-Diagnose?

Ziel einer Autismus-Diagnose ist es, herauszufinden, ob bestimmte Merkmale des sogenannten Autismus-Spektrums bei einer Person vorliegen. Dazu gehören unter anderem:

  • Besonderheiten im Bereich der sozialen Kommunikation (z. B. Schwierigkeiten mit Blickkontakt oder Smalltalk)
  • ein ausgeprägtes Bedürfnis nach festen Routinen und Strukturen
  • intensive Spezialinteressen
  • eine besondere sensorische Wahrnehmung (z. B. starke Geräuschempfindlichkeit oder Reizunterempfindlichkeit)

Wichtig ist: Autismus ist keine Krankheit, sondern eine neurologisch bedingte Form der Informationsverarbeitung. Eine Diagnose dient nicht der „Einordnung“, sondern dem besseren Verstehen – und kann helfen, passende Unterstützungsangebote zu erhalten.


Was erwartet Sie im Diagnoseprozess?

Die Diagnostik erfolgt in mehreren Schritten, die in der Regel von spezialisierten Psycholog:innen durchgeführt werden. Vor jeder Diagnostik sollte eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Diese erfolgt durch Fachärzt:innen für Psychiatrie.

1. Anamnese-Gespräch

Im ausführlichen Erstgespräch geht es um Ihre persönliche Lebensgeschichte:

  • Gab es schon in der Kindheit Besonderheiten im Verhalten?
  • Wie verlief die Schulzeit, der Berufseinstieg, das soziale Leben?
  • Welche Herausforderungen bestehen aktuell im Alltag?

Wenn möglich, werden auch Informationen aus der Kindheit (z. B. durch Eltern, alte Zeugnisse oder Berichte) mit einbezogen. Manchmal werden auch die Eltern (sofern möglich) gesprochen.

2. Fragebögen und Selbsteinschätzungen

Vor oder während der Diagnostik werden häufig standardisierte Fragebögen eingesetzt. Beispiele sind:

  • Autism Spectrum Quotient (AQ)
  • Empathie- und Systemisierungsfragebögen
  • SRS (Social Responsiveness Scale)

Diese liefern erste Hinweise, ersetzen jedoch nicht das persönliche Gespräch oder eine ausführliche Testung.

3. Testverfahren und strukturierte Interviews

Ein zentraler Bestandteil ist die Durchführung strukturierter Diagnoseverfahren, zum Beispiel:

  • ADOS-2 (eine standardisierte Verhaltensbeobachtung anhand kleiner Aufgaben oder Gesprächssituationen)
  • ADI-R (ein strukturiertes Interview mit einer Bezugsperson, falls möglich)

Zusätzlich können weitere Tests (z. B. Intelligenzdiagnostik, Konzentrationstests) durchgeführt werden, um andere Erklärungen für die Symptome auszuschließen.

4. Auswertung und Rückmeldung

Nach der Durchführung aller Schritte erfolgt eine umfassende Auswertung. Dabei prüfen die Fachpersonen, ob die international gültigen Kriterien (z. B. nach ICD-11 oder DSM-5) erfüllt sind.
Autismus wird nicht durch einen Blutwert oder einen „einzigen Test“ diagnostiziert – es handelt sich um eine fachliche Gesamteinschätzung, die sich aus vielen Puzzleteilen zusammensetzt.

Am Ende des Prozesses erhalten Sie ein Abschlussgespräch sowie – falls gewünscht – eine schriftliche Stellungnahme oder einen Diagnosebericht.


Warum dauert das oft so lange?

Viele Diagnosezentren haben mit langen Wartezeiten zu kämpfen, teils weit über ein Jahr.
Das liegt daran, dass der Diagnoseprozess aufwendig und komplex ist – und sehr sorgfältig durchgeführt werden muss. Eine fundierte Diagnose erfordert Zeit und Aufmerksamkeit. Und die Nachfrage ist enorm. Autismus ist nach wie vor unterdiagnostiziert.


Was bringt mir eine Diagnose?

Eine Autismus-Diagnose kann vieles erleichtern:

  • Sie hilft, die eigene Biografie besser zu verstehen
  • Sie schafft Zugang zu Hilfen wie Eingliederungshilfe, Autismusberatung oder Nachteilsausgleichen im Studium und Beruf
  • Sie kann Missverständnisse im sozialen oder beruflichen Umfeld verringern

Wichtig ist: Eine Diagnose verändert Sie nicht – sie benennt lediglich, was schon da ist.
Viele Menschen erleben die Diagnose daher nicht als „Etikett“, sondern als befreienden Schritt zur Selbstakzeptanz.

Die Diagnose führt aber nicht automatisch dazu, dass das Umfeld eine Betroffene Person automatisch besser versteht. Dazu fehlt es leider noch an Sensibilisierung innerhalb der Gesellschaft.

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